Stehaufmännchen

Stehaufmännchen erscheint als Buch und eBook und kann beim Buchhändler vor Ort oder bei Anbietern im Internet bestellt werden! 

Rowohlt 2019, 200 Seiten gebunden, EUR 24,00

Wann immer ich erwähnte, dass ich ein Comicbuch über Evolution und Urmenschen zeichne, hieß es gleich ‚Ah, Neandertaler!’ oder ‚Steinzeit!’ - was mir zeigte, dass bei den meisten die Frühzeit erst vor 200.000 Jahren begann,- mit dem Neandertaler eben. Aber da waren noch einige Millionen Jahre vorher, und was vor ‚Familie Feuerstein’ oder den ‚Pichelsteinern’ passierte, wurde im Comic selten erzählt. 

 
Nun aber! Ich fand es immer spannend, von Paläoanthropologen in irgendwelchen Wüsten gefundenen alten Backenzähnen zu lesen, die darauf schließen lassen, dass dort mal einer unserer Ur-Urgroßonkel lebte, - oder eine Urtante wie die berühmte ‚Lucy’. Nicht mehr Tier und noch nicht Mensch, aber vermutlich schon mal verwundert über die weite Landschaft blickend, im noch dumpfen Hirn kurz aufblubbernd die Frage,was das Ganze hier überhaupt soll! Genau das wissen wir ja heute noch nicht.  

 

Ich hatte ein paar Fachbücher auf dem Tisch während der Arbeit an STEHAUFMÄNNCHEN, da war vor allem der Klassiker MENSCHEN DER URZEIT mit den großartigen Illustrationen von Zdedek Burian, an die sich ältere Leser womöglich noch erinnern. Dieses Buch konnte ich im Antiquariat ergattern, saß seufzend damit im Sessel und dachte, dass es verdammt gut wäre, für STEHAUFMÄNNCHEN solche prähistorischen Landschaften aufs Papier zu aquarellieren. Aber dazu müsste man halt Zdeněk Burian sein und der Mann ist lange tot.   

 

Dann gab es den üppigen Bildband LUCY UND IHRE KINDER mit Fotografien von David Brill, mit Fotos von Millionen Jahre alten Knochen, Backenzähnen und Schädeln in Originalgröße! Da sieht man’s: Es passte über sehr lange Zeit nur wenig Hirn unter die Schädeldecken. Wahrscheinlich besser so. 

 

Denn in DER DRITTE SCHIMPANSE – Evolution und Zukunft des Menschen’ von Jared Diamond wird beschrieben, was der Mensch von Frühzeit an während seiner Entwicklung zum Homo Sapiens Sapiens (kleiner geht’s ja nicht) alles ausgerottet und angerichtet hat. Lektüre, die meine Überzeugung zementiert, dass wir es als Spezies nicht mehr lange machen. Das Desaster liegt in unserer Natur! Wir sind am Arsch. 

 

Schließlich das NATIONAL GEOGRAPHIC-Magazin über den spektakulären Fund 2013 in der südafrikanischen Rising-Star-Höhle: 2 Millionen Jahre alte Knochen von 15 Vorhomos, noch sehr klein, mit kurzen behaarten Beinchen, die man dann ‚Homo Naledi’ taufte und die ihre Toten womöglich in dieser Höhle bestatteten! Wozu ja einiges an Überlegung und gar ethischem Empfinden vorauszusetzen wäre. Oder wurden die Kadaver nur lieblos entsorgt, als sie anfingen, zu müffeln? Man weiß es nicht.   

 

Ich sah Youtube-Filme zum Thema, recherchierte, ob und wo es den Homo Robustus zeitgleich mit dem Homo Erectus gab und lernte, dass der Robustus gar nicht unter ‚Homo’ einsortiert ist, sondern unter ‚Australopithecus’, - also (ähnlich wie der gute alte Pluto unter den Planeten) nicht ganz für voll zu nehmen. Und ich googelte, was für Tiere vor Millionen Jahren durch die Serengeti stapften, - die Vorläufer von Elefanten und Giraffen sahen schon schräg aus, aber einige Spezies hab ich auch erfunden. An der Mischung aus Flamingo und Brathähnchen auf Seite 21 hat die Evolution ausnahmsweise mal keine Schuld.

 

Unterrichtsrelevant ist der Comic wegen Schweinkramfaktor (dem anderen das Fell lausen und die Läuse fressen!) womöglich nicht, aber voll mit evolutionärem Halbwissen. Ich habe mir sogar per Email von Primatenforscher Prof. Volker Sommer erklären lassen, wo genau beim weiblichen Affenarsch der Darmausgang und wo die Funz ist,- der Östrus zeigt sich nämlich je nach Art dermaßen zerklüftet und zerfurcht, dass man kaum durchblickt, - schon gar nicht als schwuler Homo Niemösus! Volker, mit dem zusammen ich im Beirat der Giordano Bruno- Stiftung bin, beobachtete gerade in Indien irgendwelche Makaken und zeigte sich amüsiert über diese selten gestellten existenziellen Fragen. 

 

Also: Versteckter Eisprung, aufrechter Gang, ob man Werkzeug nach Gebrauch lieber einfach wegschmeißt oder unökologisch neues herstellt, bis hin zum ersten Zungenkuss der Menschheitsgeschichte (und warum man dabei lieber die Augen aufließ), - in STEHAUFMÄNNCHEN steht gezeichnet und geschrieben, was der Homo über den Homo wissen sollte. Also Homo jetzt im Sinne von Homo, nicht von Homo! Wobei, das auch, klar, aber nicht nur! Homo eben.                 

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